Slow Travel will gelernt sein. Jede Handlung oder Aktivität soll sich während des Reisens voll entfalten. Der Slow Traveller richtet seine Wahrnehmung bewusst aus – auch bei Aktivitäten, die im Alltag meist nebenher passieren, wie Mahlzeiten. Diese werden dadurch nicht nur intensiver, sondern bleiben dazu besser im Gedächtnis. Sara Clemence, die Autorin des Buches „Away & Aware: A Field Guide to Mindful Travel“ (2018) hat verschiedene Tipps, wie achtsame Speiseerfahrungen zum Slow Travel-Erlebnis beitragen. Dabei wird die Mahlzeit wertgeschätzt und der Fokus auf die Nahrungsaufnahme gerichtet. Ihre Vorschläge zum bewussten Genießen:
Übungen für den Tisch
- Mit der falschen Hand essen. Das erfordert mehr Konzentration und du nimmst automatisch jeden Bissen besser wahr. Das bei jeder Mahlzeit umzusetzen ist etwas umständlich. Es kann aber als Methode dienen, um nach einiger Zeit das bewusste Essen aufzufrischen.
- Die Gabel nach einigen Bissen absetzen. Dies verlangsamt die Mahlzeit und du hast die Zeit deine Umgebung wahrzunehmen. Schau dich um – Was befindet sich um dich herum? Wie ist das Lokal oder Café eingerichtet? Welche Menschen essen oder arbeiten hier?
- Die Zutaten der Mahlzeit erraten. Du kannst dich spielerisch auf deine Speise fokussieren, indem du sie auf Konsistenz, Aromen und Geschmack untersuchst. Ist das Zimt? Schmeckst du Zitrone? Könnten das Mandeln sein? Das Ratespiel kann zu einem regen Austausch mit deiner Reisebegleitung oder der Küche führen.
Mission Knoblauchbrot
Ein anderer spielerischer Zugang zum bewussten Speisen, ist eine Essens-Mission. Hierfür suchst du dir eine bestimmte Lieblingsmahlzeit oder Spezialität der Region und machst es dir zum Auftrag, die beste oder spannendste Version im Urlaubsort zu finden. Die Reise wird zur Schatzsuche. Die Mission kann ein Tag lang gehen oder sich über die gesamte Reisezeit ausdehnen.
Du konzentrierst dich nur auf diese eine Sache und lernst gleichzeitig etwas über die lokale Küche. Wie unterschiedlich setzen die Köche das Rezept um? Welche Zutaten variieren? Gibt es eine Geheimzutat? Welche Speisen oder Spezialitäten stehen damit in Verbindung?[1]
Das kann die beste Pizza oder das beste Sushi sein – aber auch im Kleinen, das schmackhafteste Eis oder der beste Cappuccino. Ich selbst erinnere ich an eine Reise in Thailand, bei der meine Begleitung und ich in jedem Thai-Restaurant Knoblauchbrot bestellten. Das beste daran war natürlich, dass es eigentlich gar keine lokale Spezialität war, weder der Knoblauch noch das Brot. Daher waren die Ergebnisse umso erheiternder. Außerdem hielt der Knoblauch die Moskitos fern. In einem Land mit Denguefieber und Malaria kein schlechter Nebeneffekt.
[1] Vgl. Clemence, Sara (2018): Away & Aware: A Field Guide to Mindful Travel, Philadelphia, S. 82 – 83.
Artikel von Anika Neugart